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Ein Lehrer in Saudi - Teil 2

Verantwortlicher Autor: Theo Goumas Riad, 13.08.2023, 12:15 Uhr
Presse-Ressort von: Theodoros Goumas Bericht 10610x gelesen

Riad [ENA] Ein Lehrer beschließt, das von der Wirtschaftskrise gebeutelte Europa für eine Zeitlang den Rücken zu kehren und sein Glück in Saudi-Arabien zu suchen. Er bewirbt sich als Englischlehrer und nach vielen Absagen, kommt doch noch eine Zusage, allerdings mit Vitamin B. Das ist der Beginn einer wunderbaren Reise in ein verschlossenes Land, das kaum jemand kennt. Eine wahre Geschichte in Teilen erzählt. Teil 2.

Anes merkte schon von weitem, dass die Tankstelle zu sein würde, und tatsächlich, alles dicht. Ein paar Autos standen rum und warteten. Wir fuhren auf der einen Seite rein und auf der anderen wieder raus auf die Autobahn. Super, dachte ich mir. So komme ich schneller ins Bett. Als wir im hohen Tempo durch die Nacht rasten und dem Gesang des Muezzin lauschten, schloß ich für einen kurzen Moment die Augen und entschwebte in einem Traum von 1001 Nacht. Die Tortur der fast 2-stündigen Einreise war auf einmal sehr weit weg. Irgendwo habe ich gelesen, dass man bei der Frage nach der Religion unbedingt eine angeben sollte, sonst kann es Ärger geben.

Ich überlegte mir kurz mir einen Spaß zu erlauben und Pastafarianism hinzuschreiben, aber dann kamen wieder die Szenen vom Kerker in den Filmen ‚Im Juli’ und ‚Midnight Express’. Also schrieb ich brav Christ hin. Anes’ Satz, „Lass uns frühstücken gehen!“ brachte mich aus entfernten Fantasien ganz schnell in den kalten Morgengrauen Riads zurück. Wie bitte? Hat er einen Vogel? Ich war seit über 30 Stunden wach, war über drei Kontinente geflogen und wollte so schnell wie möglich ins Bett. Außerdem hatte ich einmal im ersten Flieger was gegessen, dann war ich im Kairoer Flughafen bei Burger King und hatte kurz nach Mitternacht noch mal das Vergnügen zu speisen. Mein Magen war voll und verträgt nichts mehr. Nix da!

Mein Filipino zeigte sich sehr entschlossen und duldete keine Widerrede. Nach 20-minütiger wilder Fahrt über extrabreite Autobahnen kamen wir im Hotel an. Er gab mir eine halbe Stunde mich im Zimmer einzurichten und frisch zu machen. Als wir von der Autobahn in ein Neubaugebiet abbogen sah ich schon die ersten Hotels. Hohe Gebäude aus Glas, alles was Rang und Namen hat, eines nach dem anderen aufgereiht, mit Springbrunnen, usw. Mein Filipino machte aber keine Anstalten in eines der großen Namen abzubiegen und fuhr weiter. Irgendwann hielten wir vor einem Gebäude das außer dem Erdgeschoß, zwei Etagen hatte.

Auf der Fassade war der Name des Hotels in großen Neonbuchstaben, daneben die Telefonnummer und an den Ecken ging eine grüne Beleuchtung nach oben. Oh Gott, wie eine Bahnhofsabsteige schaute der Kasten aus! Die Lobby bot jedoch ein völlig anderes Bild. Flauschig und gemütlich. Der Herr am Empfang sprang aus seinem Schlaf, begrüßte Anes, nahm den Schlüssel, gab ihn ihm und wir stiegen in den Fahrstuhl und fuhren zur 2. Etage. Als er die Tür aufsperrte blieb mir die Spucke weg. Was mich verwunderte war nicht etwa die Ausstattung, nein, das Zimmer war zwar spartanisch aber schön eingerichtet, es lag vielmehr an der Größe. Was mir vorhin schon auf der Autobahn und im Viertel auffiel, traf ich hier wieder an. Das Zimmer war riesig!

Klimaanlage

Kein Vergleich zu den winzigen Zimmern die wir in Europa und in vielen Teilen der Welt haben. 30qm sind keine Untertreibung. Anes ging runter zur Lobby und ließ mich allein. Zur Einrichtung gehören: ein Doppelbett 2x2, zwei Nachtkästchen, ein Flachbildfernseher, ein Schrank, zwei Sessel mit Tisch, ein Kühlschrank, ein Tisch mit großem Spiegel. Als ich die Tür zum Badezimmer öffnete erblickte ich im wahrsten Sinne des Wortes ein Zimmer. 15qm mindestens! Die Dusche allein ist 5qm. Ich schaute mich noch kurz um bevor ich das Zimmer verließ, um in den Aufzug zu steigen. Keine Heizkörper, nur Klimaanlagen. Modelle die ich vorher nie gesehen hatte. Unten warteten zwei Mitarbeiter von Anes mit denen er auf Geschäftsreise war.

Die mussten wir nach Hause fahren und dann ging es zum Frühstücken. Die zwei aus Bangladesch stiegen hinten ein und wollten so einiges von mir wissen. Die Fragerei störte mich einerseits, weil ich nicht viel von der Landschaft mitbekam – immerhin ging langsam die Sonne auf, anderseits war es gut, denn Anes fuhr wie ein Verrückter und die Beiden lenkten mich ab. Als die Beiden ausstiegen, war es schon hell. Wir fuhren an Baustellen vorbei und bevor ich fragen konnte, erzählte Anes, dass sich das ganze Land im Bau befindet. Überall wird heftig und fleißig gebaut. Die Petrodollars werden investiert. Ich bin bis jetzt immer noch von den Straßen und deren Zustand begeistert. Gut asphaltiert und sehr breit.

Auch in Wohnvierteln, was bei uns 30er Zone und eng mit Schikanen ist, sind die Straßen hier mindestens zehn Meter breit, aber mit Erhebungen die einem zum bremsen zwingen. Das fiese dabei ist deren Farbe, die man nicht von der Fahrbahn unterscheiden kann. Wer so eine Erhebung nicht rechtzeitig sieht, tut sich und seinem Auto weh. Als wir so durch die noch leeren Straßen düsten, meinte Anes, dass die Leute hier wie die Verrückten fahren. Es wird gerast, gehupt, überholt, sich in jede noch so kleine Lücke gequetscht, abgebogen ohne zu blinken, nebeneinander gefahren, Fahrbahn einfach so gewechselt, usw. Mich erinnert das Ganze an einem PlayStation-Autorennen. Viele der Autos haben Kratzer und Beulen.

Frühstück

Wir parkten vor einer Reihe von Geschäften und gingen in ein Lokal rein. Es war sehr, sehr schlicht. Weiße Wände mit Kacheln bis zu einer Höhe von fast zwei Metern, Metalltischen und Holzstühlen, Papiertischdecken, Karaffen mit Wasser und Boxen mit Papiertüchern. Wir gingen uns die Hände waschen und Anes bestellte etwas das nach nicht mal zwei Minuten kam. Eine Blechpfanne mit Linsensuppe, ein Fladenbrot, zwei Tees und zwei Laban – saures Milchgetränk. Gegessen wird ohne Besteck. Man nimmt kleine Stücke vom Fladenbrot und taucht sie in die Linsensuppe ein. Das Brot wird praktisch zum Löffel. Die saure Milch ist etwas gewöhnungsbedürftig, ich kenne es aus Griechenland und von meinen türkischen Freunden. Der Tee schmeckt sehr lecker.

Fladenbrot

Ich bestellte mir gleich einen zweiten Tee. Um uns herum saßen nur Männer, die verstohlen auf mich schauten. Ich konnte es mir nicht verkneifen Bilder vom Frühstück zu machen. Da das Fotografieren in diesem Land eine heikle Angelegenheit ist, ließ ich meine schwere Canon DSLR zu Hause und nahm zwei Blackberries und eine Casio Exilim mit. Fällt nicht so auf. Auf dem Weg zurück ins Hotel war der Verkehr etwas lebhafter. Es fuhren viele Busse durch die Gegend. Zwei Typen nahm ich wahr: Amerikanische Schulbusse und alte Kleinbusse für ca. 20 – 25 Personen, die bei uns nicht durch den TÜV kommen würden.

Anes meinte, dass die Schule im Sommer wegen der Hitze schon um 6 Uhr morgens losgeht und bis ca. 11 Uhr geht, aber in diesen Bussen wurden Menschen zur Arbeit gefahren. Im Zimmer angekommen fiel ich tot ins Bett. Kaum eingeschlafen, fing der Muezzin seine Predigt an und entführte mich in eine andere Welt, weit weg von allem das ich bisher kennenlernen durfte. Fortsetzung folgt.

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